Die Klima-Glocken von Klaus Wüsthoff

 

2016 schrieb der Berliner Komponist Klaus Wüsthoff ein kurzes Carillonstück mit dem Titel Klima-Glocken. Wüsthoff hatte sich vom dem Komponisten Hans Vogt in Kontrapunkt unterrichten lassen, Musik bei Boris Blacher und Reinhard Schwarz-Schilling an der Hochschule für Musik in Berlin studiert, als Aufnahmeleiter und Leiter der Tanzmusikabteilung im RIAS gearbeitet und war zwei Jahre lang Hauskomponist an den staatlichen Schauspielbühnen Berlin, dem Schillertheater und Schloßparktheater. Danach lebt er als freischaffender Komponist. Sein Werkkatalog umfasst zwei Opern, sieben Musicals, 35 Orchesterwerke und Solistenkonzerte, Chor- und Kammermusik, Blas-, Jazz- und Dokumentarfilmmusik. 1992 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Die weltweite Besorgnis über die Erderwärmung und die klimatischen Veränderungen, die seit einigen Jahrzehnte immer stärker werden, nimmt immer mehr zu. Nach einer persönlichen Begegnung mit Hans Joachim Schellnhuber wurde Wüsthoff in Sorge um die Lebensgrundlage künftiger Generationen tätig und entwickelte aus dem Leitmotiv seiner sinfonischen Dichtung nach Theodor Storms Kunstmärchen „Die Regentrude“ die Klimaglocken. In der literarischen Vorlage von Theodor Storm geht es sinnbildlich um die Themen industriell verursachter Feuer und deren zerstörerischer Kraft sowie die Bedeutung eines ausgeglichenen Klimas für Mensch und Natur. Über die Klima-Glocken schrieb Wüsthoff: Die Klima-Glocken für Carillon sollen die Öffentlichkeit an die Verantwortung für das Weltklima und an die Dringlichkeit des Festhaltens am „Zwei-Grad-Ziel“ internationaler Klimapolitik erinnern. Es ermahnt an das Einhalten des Zwei-Grad-Ziels und appelliert an die Verantwortung jedes Einzelnen. Der positive Ausgang des „Regentrude“-Märchens mit der Hochzeit des jungen Paares läßt das Leitmotiv der „Regentrude“ für die Fruchtbarkeit wie fallender Regen erscheinen und läßt Hoffnung auf Erfüllung der Umweltziele aufkommen.

Anläßlich der vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ausgerichteten internationalen Konferenz zur Klimafolgenforschung, der Impacts World 2017, die vom 11. bis 13. Oktober in Potsdam stattfand, spielte der Berliner carillonneur Jeffrey Bossin die Klima-Glocken auf dem Carillon in Berlin-Tiergarten am 12. Oktober. In einer Pressemitteilung dazu stand u. a. Glockenklang für Klimaschutz – damit soll auf die dramatischen und unbeherrschbaren Folgen der menschgemachten Klimaerwärmung aufmerksam gemacht werden, ein Appell, der letztlich an die Verantwortung jedes Einzelnen gerichtet ist....Die Glocken ertönen zum ersten Mal am 13. Oktober um 12 Uhr nach einem Friedensgebet durch Pfarrerin Cornelia Radeke-Engst (Potsdamer Glockenspiel, Breite Straße Ecke Dortustraße). Dann sollen Carilloneure in möglichst vielen Städten darauf antworten, indem auch sie die etwa halbminütige Klimaglocken-Melodie spielen und so die Botschaft weitertragen. Zu ihrem Höhepunkt kommt die Aktion im November in der Stadt Bonn - dort findet der UN-Weltklimagipfel statt und Tausende internationale Besucher können erleben, wie in diesem Zeitraum täglich die Klimaglocken auf dem Carillon der Sankt-Josef-Kirche in Bonn-Beuel erklingen. Die "Klimaglocken" sind Teil des offiziellen Veranstaltungsprogramms der Weltklimakonferenz im Bonn stattfindet....Das Klima-Thema geht jeden etwas an – der weit tönende und für viele Menschen bewegende Klang gespielter Carillons soll an die Verantwortung eines jeden gegenüber Klima und Umwelt erinnern. Klingende Glocken haben einen besonderen Nimbus und strahlen emotionale Tiefe aus, ob als Symbol der vergehenden Zeit in der Turmuhr, als Kirchenglocken, Feuer- oder Totenglocken oder in der Gestalt von festlichem Geläut. Etwas ganz besonderes sind die Carillons, die großen Glockenspiele mit Spieltisch: Hier handelt es sich um echte Konzertinstrumente, deren Klangmöglichkeiten vielfach in Freiluftkonzerten zur Geltung kommen.
Nach diesen Veranstaltungen programmierte Bossin eine zweioktavige Fassung der Klima-Glocken auf der Automatik des Carillons in Berlin-Tiergarten, wo sie täglich um 12 und 18 Uhr bis zum Ende der UN-Klimakonferenz in Bonn am 17. November 2017 erklang. Am 24. September 2021 anläßlich des von Fridays for Future veranstalteten großen Klimastreiks vor dem Reichstag in Berlin, werden die Klima-Glocken nach dem Stundenschlag um 12, 13, 14, 15 und 16 Uhr von der Automatik des Carillons in Berlin-Tiergarten wieder gespielt. Es bleibt nur zu hoffen, daß es der Menschheit gelingt, die sich allmählich abzeichnenden Folgen des Klimawandels Einhalt zu gebieten!


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Jeffrey Bossin und Klaus Wüsthoff in der Spielkabine des Carillons in Berlin-Tiergarten


Klicken Sie hier um die Klima-Glocken auf der Automatik des Carillons in Berlin-Tiergarten zu hören.